Seite 2 von 16 Stärke des Bieres
Stärke ist kein Maßstab für Qualität. Die ideale Stärke eines Bieres richtet sich danach, für welchen Zweck es gedacht ist. Ein Bier, das vor allem den Durst löschen und in größeren Mengen getrunken werden soll, darf keinen hohen Alkoholgehalt aufweisen. Das klassische Beispiel, die Berliner Weiße, weist einen Alkoholgehalt von etwa 3 %vol auf. Ein typisches Premiumbier, gleichgültig, ob es sich dabei um ein deutsches, englisches oder amerikanisches handelt, kann einen Alkoholgehalt von 4 bis 5 %vol haben. Zwar gibt es auch Bierspezialitäten mit mehr als 13 %vol Alkohol, doch ist es zum einen recht schwierig, Biere dieser Stärke herzustellen, und zum anderen kann man keine größeren Mengen davon trinken.
Bei einer derart hohen Konzentration greift der Alkohol die Bierhefen so sehr an, dass sie schließlich ihre Wirksamkeit verlieren, und durch den Restzucker entsteht ein schweres, übersüßes Bräu. Alkoholgehalt nach Volumen ist das verbreitetste System zur Kennzeichnung der Stärke des Weines und zugleich auch das verständlichste. Nur selten wird dieses System jedoch auch beim Bier angewendet. Kanadische Brauereien benutzen es, amerikanische dagegen geben den Alkoholgehalt in der Regel nach Gewicht an. Dies führt aber zu niedrigeren Werten, weil Wasser bekanntlich schwerer ist als Alkohol. In vielen Ländern schreibt das Gesetz überhaupt keine Maßeinheit für den Alkoholgehalt vor.
Dort ist es den Behörden viel eher darum zu tun, Abgaben für die Rohstoffe festzusetzen, aus denen das Bier gemacht wird: Malz, Weizen oder andere gärfähige Zucker bezeichnet man verschiedentlich als Dichte oder ursprüngliche Gravität. Mit Gravität oder Dichte bezeichnet man die Menge dieser Vergärbahren Rohstoffe, die zur Herstellung des Bieres verwendet werden. In England unterscheidet man zusätzlich zwischen ursprünglicher (original) Gravität und der Gravität nach der Gärung. Dabei wird die Dichte des Wassers mit 1000 Grad gleichgesetzt, so dass ein Bier mit einer Gravität von 1038 also 38 Teile Vergärbahren Stoffs enthält. Das gibt auch einen rohen Anhaltspunkt für die alkoholische Stärke, die mit leichten Abweichungen etwa 3,8 %vol betragen dürfte.
Das System des Würzeextraktes wurde 1844 von Balling entwickelt. Es wurde allmählich durch das Plato-System als internationalen Standard ersetzt. Dichten in Balling- oder Paltograden ausgedrückt ergeben meist ähnliche, aber nicht identische Werte. In Deutschland bestimmt man als Stammwürze den Anteil an löslichen Stoffen in der Würze vor der Gärung. Je nach Land finden diese unterschiedlichen Messskalen Verwendung. In Deutschland wird immer der Stammwürzegehalt in Grad Plato angegeben. Salvator (18,5; 6; 7,5) bedeutet, dass dieses Bräu einen Stammwürzegehalt von 18,5 Grad Plato, einen Alkoholgehalt nach Gewicht von 6 % und einen Alkoholgehalt nach Volumen von 7,5 % aufweist.
Gold Label (1098; 8; 10) bedeutet, dass das Bier 98 Teile Vergärbahren Stoffes enthält, 8 % Alkohol nach Gewicht und 10 % nach Volumen aufweist. Eine ursprüngliche Gravität von 98 Teilen würde einer Stammwürze von rund 24,5 Grad Plato entsprechen (etwa Faktor 4). Zwischen Gravität und Alkoholgehalt besteht allerdings keine direkte, exakte Beziehung, da der Alkoholgehalt zugleich auch vom Vergärungsgrad abhängt. Je stärker die Vergärung, desto höher der Alkoholanteil, der von der gegebenen Gravität erzeugt wird. Je schwächer die Vergärung, desto voller der Körper.
Alkoholgehalt und Körper sind zwei ganz verschiedene, und in dieser Hinsicht sogar gegensätzliche, Faktoren des Bieres. Dabei gibt es merkwürdige Fälle, beispielsweise bei den Malz-Extrakt-Bieren, bei denen eine Würze hoher Dichte nur leicht vergoren wird, um ein alkoholarmes Bier herzustellen. Meist wird Bier zu 75 bis 80 % seiner Kapazität vergoren. Als Faustregel kann man sagen: Die alkoholische Stärke beträgt etwa ein Drittel der Plato-Zahl.
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